Im Zeitraum von einigen Wochen haben wir uns im Deutschunterricht intensiv mit dem Drama Maria Stuart von Friedrich Schiller beschäftigt. Ein zentraler Aspekt war dabei die Frage nach den Identitäts und Rollenbilder der Figuren, insbesondere wie Maria und Elisabeth in ihren Rollen als Königinnen, Frauen und Gegner agieren. Dabei wurde gezeigt, wie stark gesellschaftliche Erwartungen und äussere Bestätigung das Selbstbild und die Handlungen der Figuren beeinflussen.
In meinem Blogeintrag möchte ich dieses Thema weiterführen und untersuchen, welche Identitäts und Rollenbilder junge Menschen heute in der Schweiz prägen. Wie viel Freizeit haben wir tatsächlich bei der Gestaltung unseres Selbstbildes? Welche gesellschaftlichen oder familiären Rollen werden uns zugeschrieben und wie bewusst oder unbewusst übernehmen wir diese?
Gefangen in fremden Rollen
In Maria Stuart von Friedrich Schiller wird deutlich, wie stark Identität und Rollenbilder durch äussere Einflüsse geprägt sind. Die Hauptfiguren Maria Stuart und Elisabeth stehen beide unter sehr hohem Druck. Maria wird zwar als Königin dargestellt, doch tatsächlich ist sie gefangen, politisch machtlos und ständig auf die Einschätzung durch andere angewiesen. Ihr Selbstbild wird durch die Erwartungen von Gesellschaft, Religion und Politik stark beeinflusst. Auch Elisabeth, die mächtigste Frau im Staat, wirkt nicht frei. Ihre Entscheidungen basieren weniger auf persönlichen Wünschen als auf politischer Taktik und öffentlicher Wahrnehmung. Beide Figuren sind hin und her gerissen zwischen persönlicher Identität und gesellschaftlich vorgegebener Rolle, ein Konflikt, der sie durch das ganze Drama begleitet.
Zwischen Selbstbild und Fremdbild
Dieser Konflikt ist auch in der heutigen Zeit sehr aktuell. Besonders Jugendliche erleben ihn tagtäglich. Viele junge Menschen versuchen herauszufinden, wer sie eigentlich sind und werden dabei gleichzeitig ständig bewertet, beobachtet und beeinflusst. Familie, Schule, Freunde und Medien vermitteln Erwartungen.
Man soll ehrgeizig sein, aber nicht überheblich. Selbstbewusst, aber nicht zu laut. Angepasst, aber bitte trotzdem individuell. Dieses Ständige Hin und Her bringt viele Jugendliche zum Verzweifeln. Denn oft steht das Selbstbild im Gegensatz zu dem, was andere von einem erwarten, so wie bei Maria, die sich als unschuldig und standhaft sieht, aber von aussen als Bedrohung und Verräterin gesehen wird.
Wer bin ich und wer darf ich sein?
Identität ist also keine feste Eigenschaft, sondern ein Prozess. Wir formen unser Selbstbild im Ständigen Austausch mit unserem Umfeld. Dabei sind wir bewusst oder unbewusst in Rollen gefangen. Die Rolle der Mitschüler; in , des Aussenseiters, des lustigen, der Kämpfer; in. Diese Rollen können hilfreich sein, weil sie Orientierung geben, aber sie können auch einengen, wenn man nicht mehr herausfindet oder nie die Chance hatte, sich wirklich frei zu entwickeln. Wer ständig von aussen definiert wir, verliert irgendeinmal den Zugang zu sich selbst.
Rollenbilder im Digitalen Zeitalter
In sozialen Medien zeigt sich diese Dynamik besonders stark. Plattformen wie Instagram oder TikTok fördern bestimmte Bilder davon, wie man aussieht, leben oder sich fühlen sollte. Likes Kommentare und Algorithmen formen en Bild davon, was als erfolgreiche Identität gilt. Für viele Jugendliche entsteht dadurch ein enormer Druck. Gleichzeitig bieten digitale Räume auch Möglichkeiten. Man kann sich ausprobieren, andere Rollen testen, sich vernetzen, vielleicht sogar neue, eigene Identitäten finden. Doch auch das bringt ein gewisses Risiko mit sich, etwa wenn die digitale Selbstdarstellung zur Belastung wird oder man sich selbst nur noch durch die Augen anderer wahrnimmt.
Was Maria Stuart uns heute noch sagen kann.
Aus dem Drama Maria Stuart lässt sich etwas Zeitloses ableiten, dass sie Suche nach der eigenen Identität kein einfacher, aber ein notwendiger Weg ist. Dass es Mut braucht, sich selbst treu zu bleiben, auch wenn äussere Rollenbilder etwas anderes verlangen. Und dass es wichtig ist, sich nicht nur durch die Erwartungen anderer definieren zu lassen. Maria verliert am Ende ihr Leben, aber sie gewinnt ihre Würde zurück, indem sie entscheidet, wer sie am Ende sein will. Eine Erinnerung daran, dass echte Identität manchmal genau da beginnt, genau da beginnt, sich zu behaupten.